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„Unsere Nachbarschaft“ – Die Bergedorfer Eselei

Ganz im Osten des Bezirks Bergedorf, in Curslack am Brookdeich 288, liegt etwas versteckt die Eselei von Andreas und Karin Kirsch. Gleich hinter der Lärmschutzwand der Autobahn 25 stehen die Stallungen ihrer Esel Paula, Pinu’u, Maja und Moritz. Dies ist der Ausgangspunkt für entspannende, geführte Eselwanderungen in Hamburgs östlicher Umgebung.

Collage zwei Personen mit zwei Eseln, daneben Text auf blauem Grund

IBA Hamburg: Was erwartet die Gäste, wenn Sie bei Ihnen eine Eselwanderung buchen?

Andreas Kirsch: Eine intensive Begegnung mit den Eseln. Zuerst sollte man auf unserer Website nachschauen und sich einen Termin aussuchen. Vielleicht könnte man mit einem Schnuppertermin anfangen oder man bucht gleich eine geführte Wanderung von vier oder sieben Stunden. Alle Angebote beginnen mit dem gegenseitigen Kennenlernen auf dem Paddock, der Auslauffläche am Brookdeich. Dort stelle ich Paula, Pinu’u, Maja und Moritz vor. Danach wird von den Gästen der persönliche Kontakt aufgenommen, aufgehalftert, gestriegelt und natürlich auch gestreichelt. Dabei entscheidet sich, wer mit welchem Esel unterwegs sein will. Und das Spannende ist, dass sich in der Regel die Esel die Menschen aussuchen und nicht andersherum. Die Esel gehen irgendwann direkt zum jeweiligen Menschen hin, meistens beruht die Zuneigung auf Gegenseitigkeit. Danach zeige ich noch das Führen der Tiere. Das alles dauert so ungefähr eine Stunde.

IBA Hamburg: Wie kamen Sie auf die Idee eine Eselei aufzubauen?

Andreas Kirsch: Ursprünglich bin ich gelernter Schiffbauer. Das fing 1975 hier in Bergedorf mit einer Lehre bei der Menzer Werft an. Später habe ich als Schiffbau-Ingenieur auf der Werft Blohm + Voss viele Jahre in der Schiffsreparatur gearbeitet, zuletzt als Managementbeauftragter für Qualität, Sicherheit und Umweltschutz. Ende 2015 ergab sich dann die Möglichkeit, länger gehegte Überlegungen für einen aktiven Ruhestand vorzeitig umzusetzen.

Meine Frau und ich lieben das Wandern. Auf unseren gemeinsamen Bergtouren entstand die Idee, mit Eseln zu wandern, die dann das Gepäck tragen können. Sicher haben auch andere Menschen Lust, mit den Eseln in den Bergen zu wandern, und ich hatte Lust, dies auch im Ruhestand anzubieten. So entstand die Idee der Eselei. Da wir unsere Heimat dafür nicht verlassen wollten, musste ich überlegen, wie das Ganze auch in Bergedorf funktionieren könnte. Die erste Frage war dann, funktioniert das überhaupt in unserem Garten oder ist das in Hamburg erlaubt? Die Antwort war „Ja“, wir sind in einer Metropolregion. Es gibt genügend Gäste, die Lust haben, mit Eseln zu wandern oder spazieren zu gehen, so dass sich die Idee eines aktiven Ruhestands hier in Hamburg wahrscheinlich viel besser umsetzen lässt als in den Bergen. Beim benachbarten Bauern konnte ich die Wiesen mit dem jetzigen Paddock pachten. Am 1. Mai 2016 wurde schließlich meine Eselei gegründet, und kurz darauf kamen unsere ersten beiden Esel zu uns.

IBA Hamburg: Wie erlernten Sie den richtigen Umgang mit Eseln?

Andreas Kirsch: Ich habe einfach losgelegt und bin auf Schulungen gewesen, um mir das nötige Wissen über Esel anzueignen. Im Seminar zur Eselhaltung ging es darum, wie der Stall aussehen sollte, wie groß das Paddock sein muss, wie viel Fläche man braucht, wie der Zaun beschaffen sein sollte und wo man Esel kauft. Als wir dann unsere beiden ersten Esel, Paula und Pinu’u, abgeholt haben, sind meine Frau und ich mit den beiden direkt zum nächsten Seminar gefahren. Es war eine Woche Eseltraining, Eselausbildung, Eselsprache – alles, was man braucht, um richtig mit den Tieren umzugehen. So sind wir ziemlich straight in die Selbstständigkeit gegangen.

Das Besondere der Eselei ist, dass die Gäste hier die Möglichkeit haben, mit den Tieren wirklich in Kontakt zu kommen. Am Zaun einen Esel im Zoo zu beobachten, ist etwas vollkommen anderes, als ihn zu striegeln und mit ihm unterwegs zu sein. Bei uns lernen die Gäste Paula, Pinu’u, Maja oder Moritz richtig kennen. Und wir sehen, unsere Esel lassen sich auf die Menschen ein. Es ist eine Wechselbeziehung, die am besten bei einer Wanderung entsteht. Es gibt viele Menschen, die einfach das Bedürfnis oder den Wunsch haben, Esel näher kennenzulernen. Viele Gäste sagen nach einer Wanderung, sie haben jetzt vier oder auch sieben Stunden überhaupt an nichts anderes gedacht als an Esel. Sie hätten nicht aufs Handy geguckt und nicht an ihre beruflichen oder privaten Probleme oder Sorgen oder gar an den Weltfrieden gedacht. Das, glaube ich, ist dann am Ende das Entspannende an einer Wanderung mit den Eseln.

IBA Hamburg: Was schätzen Sie besonders an Eseln?

Andreas Kirsch: Esel sind wirklich kluge und feinfühlige Tiere. Man spürt das direkt, wenn man mit ihnen zusammen ist. In unserer hektischen und oft unruhigen Welt, die von außen viel Druck auf uns ausübt, merkt man, wie beruhigend es sein kann, sich einfach auf einen Esel einzulassen. Es hat fast etwas von diesem Erlebnis, das manche Menschen beim Schwimmen mit Delfinen suchen. Wenn man mit einem Esel unterwegs ist, muss man vollkommen präsent sein. Die Esel fordern das ein. In dem Moment, in dem man abgelenkt ist oder zum Handy greift, ist der Esel schon dabei, etwas zu fressen.

Man könnte sagen, die Kommunikation mit Eseln ähnelt der mit einem Kind. Esel brauchen klare Ansagen, aber ohne Druck. Liebevolle Konsequenz ist hier das Zauberwort. Wenn der Esel etwas macht, was er nicht soll, darf man auch schimpfen, und wenn er etwas richtig macht, sollte man ihn auch loben. Es ist wichtig, dass man konsequent bleibt und der Esel merkt, dass man weiß, was man will. Dabei geht es nicht darum, den Esel zu dominieren – Esel haben in der Herde keine Hierarchie, sie wollen nicht, dass ihnen befohlen wird. Sie möchten gebeten werden.

IBA Hamburg: Was sind die schönsten Wanderstrecken für Ihre Esel und die Gäste?

Andreas Kirsch: Zu den Wanderungen starten wir vom Stall hier am Brookdeich oder wir bringen die Esel im Anhänger zu den jeweiligen Ausgangspunkten. Gerne laufen wir hinauf auf dem Geesthang mit Blick in die Vierlande, dann weiter ins Bergedorfer Gehölz oder über den Gojenberg Richtung Börnsen. Ab Neubörnsen durch die Lohe oder durch das NSG Kirchwerder Wiesen sind ebene Strecken, die dann auch für Ältere oder für Kinder und Kinderwagen geeignet sind. Besonders schön ist es in der Dalbekschlucht und im Bistal. Auch die Boberger Dünen haben ihren Reiz. Doch da ist es in den letzten Jahren sehr voll geworden.

IBA Hamburg: Sie wandern gerne durch die Natur, auch in Billwerder. Was halten Sie daher von der Entwicklung Oberbillwerders?

Andreas Kirsch: Ich beobachte die Verdichtung der Ortskerne in den Vier- und Marschlanden. Aber das reicht nicht aus, um wirklich den dringend benötigten Wohnraum zu schaffen. Ohne einen neuen Stadtteil wird es wohl nicht gehen. Aber Flächen für einen ganzen Stadtteil wie in Oberbillwerder sind natürlich rar.

Der geplante Stadtteil liegt gut angebunden an die S-Bahn wie die Autobahn und auch das Bergedorfer Zentrum ist in der Nähe. Wenn Oberbillwerder richtig entwickelt wird, mit einem ökologischen Konzept und nachhaltigen Lösungen, dann kann das durchaus ein gutes Projekt werden. Die Idee, einen modernen Stadtteil zu schaffen, der die bestehenden Bereiche wie Bergedorf-West oder Neu-Allermöhe mit einbezieht, finde ich spannend. Man könnte da eine richtige „Connected City“ entwickeln.

Wenn Oberbillwerder als autoarmes Quartier für die Zukunft umgesetzt wird, mit alternativen Verkehrskonzepten, dann wird es ein zukunftsfähiger Stadtteil. Von dort ist es ja nicht weit zur Eselei, sei es mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Fahrrad. Ich freue mich darauf, den neuen Nachbarn die Esel und unsere schöne Umgebung vorzustellen.

Weitere Informationen unter: https://www.dieeselei.de/

Esel auf einer grünen Wiese