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„Unsere Nachbarschaft“ – Die Hamburg Swans

Als Laie oder Laiin ist es kaum möglich, beim Besuch eines Trainings der Footballmannschaft Hamburg Swans die Komplexität dieses Ballsports zu erfassen. Fest steht, auf dem Football-Kunstrasenfeld am Ladenbeker Weg in Boberg tummeln sich unter der Woche ein paar Dutzend Spieler und Trainer:innen, um sich auf die Liga sportlich und taktisch vorzubereiten. Unter ihnen auch Martin Kirmse, der schon vor mehr als 20 Jahren bei den Anfängen in Neuallermöhe als Spieler im Einsatz war. Heute gehört er zum Coaching-Staff der Hamburg Swans in der Regionalliga Nord und ist einer der Trainer:innen für den Angriff – die Offense.

Coach Martin Kirmse mit Ball, daneben Textfeld

IBA Hamburg: Können Sie uns American Football ganz kurz einmal erklären?

Martin Kirmse: American Football ist ein taktisches, teamorientiertes Spiel, bei dem zwei Mannschaften mit je elf Spielern gegeneinander antreten. Das Ziel ist es, den Ball in die Endzone des Gegners zu bringen, um Punkte zu erzielen. Gespielt wird auf dem 120 Yards (109,73 Meter) langen und etwa 53 Yards (48,46 Meter) breiten Spielfeld, das in zwölf gleich große Abschnitte zu je zehn Yards eingeteilt ist.

Der Touchdown ist, ähnlich wie ein Tor im Fußball, das oberste Ziel im American Football. Dafür bekommt die Mannschaft sechs Punkte und wird erreicht, wenn ein Spieler mit dem Ball in die Endzone gelangt. Das Spiel besteht aus einer Offense (Angriff) und einer Defense (Verteidigung). Die Offense versucht, den Ball in die Endzone zu bringen, während die Defense dies verhindern will. Ein Spielzug (Play) stoppt, wenn der Ballträger getackelt wird oder ins Aus geht, und mit jedem Spielzug versucht das Team, so viele Yards wie möglich zu schaffen. Das Team hat vier Versuche, um zehn Yards zu überbrücken, bevor das Ballrecht wechselt.

Das Spiel ist in vier Viertel à 12 Minuten aufgeteilt, und die Mannschaft mit den meisten Punkten am Ende gewinnt.

IBA Hamburg: Wann fing es denn mit dem American Football in dieser Gegend an?

Martin Kirmse: Die Hamburg Swans haben sich im Jahre 1999 aufgrund der guten Resonanz bei einem Schnuppertraining als Kinder- und Jugend-Flag-Football-Team im Sportverein Nettelnburg-Allermöhe gegründet. Im Jahre 2001 wurde der Spielbetrieb in der Jugend-Flag-Liga aufgenommen. Flag ist eine kontaktarme Variante des American Footballs, da hat noch niemand den Helm auf oder die Pads an, und es wird sich auch nicht umgetackelt, sondern man hat ein „Benzel“ an der Hüfte runterhängen. Und wenn das gezogen wird, heißt es Stopp.

Das schnell wachsende Interesse bei den beteiligten älteren Jugendlichen und Erwachsenen hat kurz darauf zur Gründung der Senior Swans und einige Jahre später zur Gründung der Iron Swans geführt. Um den Sportler:innen bessere Rahmenbedingungen bieten zu können, wechselte die komplette Abteilung im Jahre 2008 zur TSG Bergedorf, der sie noch heute als eigenständige Abteilung angehört. Im selben Jahr wurde auch das Herren-Tackle-Football-Team gegründet, um den Jugendlichen auch nach ihrem 19. Lebensjahr die Möglichkeit zu bieten, ihren Sport weiterhin ausüben zu können. Für die Hamburg Swans ist die Jugendarbeit ein zentraler Punkt, denn nur mit einer gesunden und motivierten Jugend ist eine erfolgreiche Zukunft der Teams möglich.

IBA Hamburg: Wie hat sich denn der Verein bis heute entwickelt?

Martin Kirmse: Gleich in der ersten Saison 2008 gelang es dem neu gegründeten Herren-Team in die Oberliga aufzusteigen. Seit 2011 gehören die Hamburg Swans zu den Spitzenmannschaften der Oberliga Nord. Über viele Jahre hinweg erreichten die Bergedorfer Footballer die Playoffs um den Aufstieg in die Regionalliga Nord. 2022 ist der große Sprung endlich gelungen und die Hamburg Swans sind als Meister der Oberliga Nord in die Regionalliga Nord (3. Liga) aufgestiegen. Mit einem umfangreichen Coaching-Staff und einem Kader von ca. 60 Spielern ist die Grundlage für den Verbleib in der dritten Liga geschaffen.

IBA Hamburg: Ein normales Training bei den Hamburg Swans wirkt wie ein komplexes Gebilde. Wie muss man sich das vorstellen?

 Martin Kirmse: Im Herrenteam wird normalerweise zweimal pro Woche trainiert. In der Vorbereitungsphase gibt es oft zusätzlich ein Trainingslager oder ein sogenanntes Daycamp am Wochenende. Beim Training sollten in der Regel etwa 30 bis 35 Spieler anwesend sein. Im Football gibt es viele Trainer, und man kann eigentlich nie genug haben. Normalerweise hat man für jede Position einen eigenen Trainer. In der Offense kümmere ich mich um die Running Backs, während meine Kollegin Sophia die Quarterbacks trainiert.

In der Defense ist es ähnlich. Insgesamt besteht unser Trainerstab aus etwa zehn Leuten. Auch bei den Spielen sind diese Trainer alle dabei. Es gibt die Positionstrainer und zusätzlich den sogenannten Offensive Coordinator, der die gesamte Offense koordiniert. Der Offensive Coordinator entwickelt die Spielzüge und gibt sie während des Spiels vor. Die Quarterbacks tragen oft ein Armband mit den Spielzügen. Der Coordinator ruft dann von der Seitenlinie einen bestimmten Spielzug, oft durch einen Code wie „Weiß 9“. Der Quarterback schaut auf sein Armband, sieht „Weiß“, Spielzug Nummer 9, und gibt diesen an die Offense weiter. Dann wissen alle, welcher Spielzug gespielt wird, und das Spiel geht los. 

IBA Hamburg: Wie interessant ist der neue Stadtteil Oberbillwerder für die Hamburg Swans?

Martin Kirmse: Natürlich merkt man es sofort, wenn auch nur ein paar neue Bewohner:innen von 15.000 sagen: „Wir haben Lust dabei zu sein.“ Solche kleinen Veränderungen spürt man in einem Verein deutlich. Und das stellt für uns eine großartige Chance dar. Wahrscheinlich werden auch viele junge Familien nach Oberbillwerder ziehen. Das war bei mir damals ähnlich. Meine Eltern sind mit mir umgezogen, als ich ein Jahr alt war, als Neuallermöhe gerade entwickelt wurde. Damals war es so, dass viele Kinder aus der Nachbarschaft zusammen aufgewachsen sind. Bis etwa 2015 gab es einen festen Kern von Freunden, mit denen ich gespielt habe – fast alle sind in Neuallermöhe großgeworden.

Ich erinnere mich, dass ich im Fanny-Lewald-Ring gewohnt habe und im Umkreis von vielleicht 200 Metern hatten wir mindestens acht Kinder, mit denen ich regelmäßig gespielt habe. Oberbillwerder könnte einen ähnlichen Gemeinschaftseffekt erzeugen: Familien ziehen ein, die Nachbarschaft wächst zusammen, und plötzlich treffen sich die Kinder zum Beispiel beim Flag-Football. Wenn Oberbillwerder einen ähnlichen Effekt hat wie damals Neuallermöhe in den 90ern, könnte das der entscheidende Grund sein, warum unser Verein – die Hamburg Swans – weiterhin wächst und besteht.

Weitere Informationen: https://www.hamburg-swans.de/