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„Unsere Nachbarschaft“ – Das Deutsche Maler- und Lackierermuseum

Am Billwerder Billdeich 72, kurz vor der Autobahnbrücke rechts in einer Sackgasse, liegt das wohl einzigartige Deutsche Maler- und Lackierermuseum. Es befindet sich in einem 400 Jahre alten Fachwerkhaus, das nach seinem Dachreiter mit Glockenturm als Glockenhaus bezeichnet wird. Gezeigt wird dort die über 800-jährige Geschichte des Malerhandwerks. Zeitgeschichtliche Dokumente, Gesellen- und Meisterbriefe, Zunftgegenstände und Prüfungsarbeiten verdeutlichen dem Betrachtenden eindrucksvoll die Arbeitstechniken und Lebensweisen der verschiedenen Malergenerationen.

Ulrich Seiss vor dem Maler- und Lackierermuseum in Hamburg

Ulrich Seiss, seit 2021 im Vorstand des Fördervereins, kennt alle Hintergründe, Geschichten und jedes Exponat. Der Wahlhamburger aus der Nähe von Mainz entstammt einer Handwerkerfamilie. Schon sein Ururgroßvater war Maler und Lackierer. Seiss selbst hat eine Handwerkerausbildung gemacht und anschließend in Hamburg auf Gewerbelehramt studiert, das heißt, er wurde Berufsschullehrer für Maler und Lackierer. Mittlerweile lehrt er an der Bergischen Universität in Wuppertal.

IBA Hamburg: Wie kam der Kontakt zum Museum zustande?

Ulrich Seiss: Ich bin auf die Welt gekommen, da roch es schon nach Farbe und dann konnte ich gar nicht anders, als mich diesem Handwerk zu verschreiben und auch seiner Geschichte. Im Rahmen meiner Examensarbeit Ende der 90er Jahre stieß ich bei Recherchen auf das Maler- und Lackiermuseum. Mein Vater war hier schon im Förderverein Mitglied. Später trat ich dann auch in den Verein ein.

IBA Hamburg: Was erwartet hier die Besucher:innen?

Ulrich Seiss: Auf zwei Etagen zeigen wir hier die großartige Expertise des alten Dekorationsmalerhandwerks. Dazu zählen alte Geräte, viele detaillierte Artefakte in den Vitrinen und sogar historische Deckenmalerei. Dachshaarvertreiber oder spezielle Poliersteine zur Vergoldung zählen zu unseren Kuriositäten.

IBA Hamburg: Wer kam denn auf die Idee ein derartiges Museum aufzubauen?

Ulrich Seiss: Mitglieder der Maler- und Lackierer-Innung Hamburg hatten 1981 auf Anregung des damaligen Obermeisters Joachim Germann den Beschluss gefasst, ein Maler- und Lackierer-Museum zu gründen. In jahrelanger Teamarbeit wurden viele Dinge zusammengetragen, die von der großartigen 800-jährigen Vergangenheit der Zünfte, Malerämter und Innungen Zeugnis ablegen. Viele Objekte, die dabei gesammelt wurden, wären sonst sicherlich in absehbarer Zeit für immer verloren gewesen. Die Sammlung wurde immer umfangreicher, dadurch wurde aus dem geplanten Hamburger Museum ein „Deutsches Maler- und Lackierer-Museum”.

IBA Hamburg: Wie kam es dann zu diesem ungewöhnlichen, etwas abgelegenen Standort?

Ulrich Seiss: Die Bemühungen, das vom Denkmalschutzamt vorbildlich restaurierte Gebäude „Billwerder Glockenhaus” aus dem Jahr 1600 als geeignetes Haus von der Hamburger Kulturbehörde zu bekommen, waren durch unermüdlichen Einsatz von Joachim Germann, erfolgreich. 1984 wurde das Museum mit einem großen Festakt eröffnet.

IBA Hamburg: Was ist das Ziel einer solchen Ausstellung?

Ulrich Seiss: Wertvolles Kulturgut wird hier gesammelt und ausgestellt. Dabei soll die kreative Vergangenheit des Maler- und Lackiererhandwerks gezeigt und an die nächsten Generationen weitergegeben werden. Ich selbst bin häufig mit Studierenden der Fachrichtung Farbtechnik/Raumgestaltung hier. Wir recherchieren dann historische Kontexte. Wichtig ist es uns, dass durch unser ehrenamtliches Engagement die Bedeutung des Handwerks eine höhere Wertschätzung erfährt und wir so ein wenig dem aktuellen Fachkräftemangel begegnen können.

IBA Hamburg: Welche Maßnahmen ergreifen Sie denn dafür?

Ulrich Seiss: Im Jahr 2002 konnte der Ausstellungsbereich durch zusätzliche Flächen in der gegenüberliegenden Strohdachscheune, der „Tenne”, vergrößert werden. Dorthin kommen schon viele Berufsschulklassen, auch zu Workshops der Denkmalpflege. Insgesamt wollen wir das Museum noch zugänglicher für die Bereiche Kunstgeschichte, Architektur und Lehrerbildung machen. Und darüber hinaus auch für die Öffentlichkeit. Vielleicht bieten wir hier bald auch Kurse für Heimwerker:innen an.

IBA Hamburg: Setzen Sie dabei auch auf die Entwicklung von Oberbillwerder?

Ulrich Seiss: Von Hamburgs 105. Stadtteil habe ich erstmals auf einer Stadtentwicklungskonferenz in Düsseldorf gehört. Seitdem verfolge ich das Projekt gespannt im Hinblick darauf, was für kulturelle Einrichtungen dort entstehen. Ich würde mich sehr freuen, wenn später einmal gute Kontakte zu den neuen Schulen und Kitas dort entstünden.

IBA Hamburg: Wann haben Sie geöffnet und wie kommt man zu Ihnen?

Ulrich Seiss: Im Dezember und Januar haben wir hier bisher immer geschlossen. Ansonsten öffnet das Museum jeden Samstag und Sonntag von 14.00 bis 17.00 Uhr. Führungen gibt es für Gruppen ganzjährig auch außerhalb der Öffnungszeiten nach vorheriger Anmeldung über die Maler- und Lackierer-Innung Hamburg. Außer der Reihe beteiligen wir uns an der „Langen Nacht der Museen“ und am „Tag des offenen Denkmals“. Am besten man kommt dann mit dem öffentlichen Nahverkehr zu uns. Die Bushaltestelle der Linie 330 liegt direkt vor der Tür. Der pendelt immer zwischen der U-Bahn Billstedt und S-Bahn Mittlerer Landweg hin und her.

Weitere Informationen zum Museum finden Sie hier: www.malermuseum.de

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