„Unsere Nachbarschaft“ – Die SpielScheune in Neuallermöhe

Ob in der Woche oder am Wochenende, ob Sommer oder Winter – auf rund 1.000 Quadratmetern am Marie-Henning-Weg 1 in Neuallermöhe herrscht fast immer Trubel.

Annette Kalkowski in der SpielScheune

2003 hatten die Macher:innen vom Verein für Kinder-, Jugend- und Familienförderung e.V. aus Neuallermöhe die Idee, dass verschiedene Kulturen friedlich unter einem Dach miteinander spielen und feiern sollen. Heute kommen die Besucher:innen zum Toben, Spaß haben sowie zum Geschichten hören aus ganz Hamburg und Umgebung. Die SpielScheune ist der etwas andere Indoorspielplatz.

Die Geschäftsleitung liegt von Anfang an in den Händen von Annette Kalkowski. Die gebürtige Hamburgerin und gelernte Fachwirtin der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft hat lange in Neuallermöhe gelebt und hat ihre zwei Kinder hier großgezogen. Zusammen mit ihrem Mann, dem ehemaligen Pastor im Stadtteil, und einem engagierten Team von Eltern hatte Annette Kalkowski die Idee von der SpielScheune. Nach fünf Jahren anstrengender Planung konnte das Projekt im Juni 2008 starten.

IBA Hamburg: Wie konnte dieses beeindruckende Projekt hier vor Ort entstehen?

Annette Kalkowski: Unseren Verein der Kinder- und Jugendförderung in Neuallermöhe gibt es schon seit 1995. Das war eine reine Elterninitiative aus dem Stadtteil. Wir hatten damals schon einen Pavillon, in dem sich Kinder- und Jugendgruppen treffen konnten und ein sogenanntes Familienfeierhaus für Partys am Wochenende. Durch finanzielle Mittel, die in einem Gemeinschaftsfonds des Stadtteils steckten, kamen wir dann auf die Idee uns mit dem Konzept für die SpielScheune zu bewerben und haben tatsächlich gewonnen. Beim anschließenden Bau erfuhren wir viel Unterstützung durch Sponsoren, Ehrenamtliche und Firmen, die uns mit Material versorgten.

IBA Hamburg: Was unterscheidet die SpielScheune von einem gewöhnlichen Indoorspielplatz?

Annette Kalkowski: Am besten erkennt man den Unterschied an unserem Leitsatz ‚Frieden wächst im Herzen unserer Kinder‘. Wir wollten hier einen multikulturellen Indoorspielplatz schaffen, wo alle Kulturen friedlich miteinander spielen und feiern können. Das Nebeneinander leben wollten wir vereinen und das hat dann von Anfang an super geklappt. Wir feiern hier Weihnachten genauso wie Ramadan oder Chanukka. Schließlich bekam unsere Initiative den Preis für ‚Demokratie und Toleranz‘ von der Bundesregierung verliehen.

Unser Ziel war es, jährlich etwa 50.000 Besucher:innen in die Halle zu locken. Das war die magische Grenze, um kostendeckend arbeiten zu können. Inzwischen haben wir die Grenze von 100.000 Gästen jährlich geknackt. Besonders gefragt sind dabei unsere Geschichtenerzähler:innen.

IBA Hamburg: Was ist denn das Besondere am Geschichtenerzählen?

Annette Kalkowski: Neben den Kindergeburtstagen, Schatzsuchen und Kletterdiplomen haben wir von Beginn an das Geschichtenerzählen im Angebot.

Im gemütlich eingerichteten Geschichtensaal werden mehrmals am Tag Geschichten, Märchen und Sagen erzählt – wohlgemerkt frei erzählt, nicht vorgelesen. Wichtig ist, dass sich unsere Geschichten für die Bildungspläne von Kindergärten und Schulen eignen. Da geht es dann zum Beispiel um Müllvermeidung, Sprache oder religiöse Feste. Unser Repertoire ist riesig. Die Erzähler:innen laden mehrmals am Tag mit einem Gong in den Saal mit den bunten Sitzkissen ein. Sie müssen oft ganz spontan entscheiden, was sie zum Besten geben – je nachdem, ob sie eher größere oder eher kleinere Kinder vor sich haben, eher Jungs oder Mädchen.

IBA Hamburg: Wie wichtig ist die SpielScheune für Neuallermöhe?

Annette Kalkowski: Wir sind hier wichtiger Arbeitgeber mit 40 Mitarbeiter:innen, viele davon Mütter, die wenig Zeit haben und keine langen Anfahrtswege haben dürfen. Von der Verwaltung über die Küche bis hin zur Reinigung, die meisten halten uns schon lange die Treue. Außerdem investieren wir ständig. Die größte Anschaffung in 2023 war ein neuer Kletter- und Rutsch-Vulkan und das Drehkreuz zum Erfassen der Gäste, denn aus Brandschutzgründen darf nur eine bestimmte Anzahl Menschen hinein. Durch unser neues Online-Buchungssystem vermeiden wir zudem das lange in der Schlangestehen.

IBA Hamburg: Und dann kommt eines Tages Oberbillwerder. Was würde das für die SpielScheune bedeuten?

Annette Kalkowski: Eigentlich reicht der Platz in der SpielScheune gar nicht aus. Selbst an heißen Sommertagen sind wir ausgebucht. Als mein Mann und ich erstmals von Oberbillwerder hörten, dachten wir uns spontan, da können wir expandieren und eine zweite Halle bauen. Bedarf wäre ja vorhanden. Wir könnten die dreifache Menge Menschen unterbringen. Dennoch wissen wir auch, wie komplex und langwierig die Planungen für so einen großen Stadtteil sind. Da heißt es Geduld haben und abwarten. Aber gerade der Aspekt der Active City in Oberbillwerder macht uns Hoffnung, dass unser Konzept dort eines Tages willkommen wäre.

IBA Hamburg: Welche Wünsche und Ideen haben Sie für den neuen Stadtteil in direkter Nachbarschaft?

Annette Kalkowski: Es müsste ganz viel Angebote für Kinder und Jugendliche wie einen Wasserspielplatz oder eine Minigolfanlage geben. Aber auch Radwege sind ganz wichtig. Freuen würde ich mich persönlich über nette Restaurants, denn so etwas fehlt uns leider in Neuallermöhe noch.

Weitere Infos unter: https://www.spielscheune-der-geschichten.de/

Kostümierte Geschichtenerzählerin vor Kindern